Wie funktioniert ein Gemeinschaftsgarten?
Ein Landwirtschaftsbetrieb oder eine Gärtnerei verpachtet ein Stück Land an eine Gemeinschaft von Hobbygärtner:innen. Zu Beginn jeder Saison wird der Boden von der Gärtnerei für den Anbau vorbereitet. Danach wird er von den Hobbygärtner:innen parzelliert und die Erstbepflanzung bzw. Erstaussaat wird ausgebracht. Nun pflegen alle Hobbygärtner:innen ihre Parzellen unter Anleitung erfahrener Gärtner:innen weiter. Im Lauf der Saison ernten sie das Gemüse. Bei den Gemeinschaftsgärten erfolgt die Bewirtschaftung in der Regel nach biologischen Kriterien. Maßgeblich beteiligt an der fachlichen Planung und Umsetzung der Gemeinschaftsgärten in Bamberg ist Wilhelm Schubert, der ehemalige Leiter des Ökologischen Gemüsebauversuchsbetriebs der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Bamberg. Die Gartenflächen sind zwischen 500 und 2.000m² groß und zum Schutz vor Kaninchen mit einem Zaun umgeben. In vielen Gärten werden zusätzlich zu den Parzellen Gemeinschaftsflächen abgeteilt, auf denen z.B. Kartoffeln, Kürbisse, Zucchini, Mais oder Physalis angebaut werden und Kompost fürs nächste Gartenjahr bereitet wird. Längs durchs Feld verläuft ein Blühstreifen, der nützliche Insekten fördert und sie zur Schädlingsbekämpfung und Bestäubung anlockt. In diesem Streifen befindet sich auch die Bewässerungsanlage. Die Grundbepflanzung ist jeweils identisch und wird von den Profis und den Hobbygärtner:innen gemeinsam durchgeführt. Sie besteht u.a. aus alten regionalen Gemüsesorten (z.B. aus dem Bamberger Sortengarten) sowie aus bewährten Sorten des ökologischen Landbaus. Zusätzlich können die Hobbygärtner:innen eigene Pflanzen einbringen.
Ein Selbsterntegarten von oben: Aufteilung der Fläche
Die Bewässerung wird von einer Profi-Gärtnerei oder auch der Gärtner:innen- gemeinschaft übernommen. Für die weitere Bewirtschaftung und die Ernte sind die Hobbygärtner:innen verantwortlich, dabei werden sie von den erfahrenen Gärtner:innen innerhalb des Projektes unterstützt. Auf die Verwendung von mineralischen Düngern und chemischen Pflanzenschutzmitteln wird gänzlich verzichtet, da ökologisch und nachhaltig erzeugtes Gemüse produziert werden soll.
So entsteht eine Kooperation zwischen Profis und Hobbygärtner:innen, bei der eine Ackerfläche gemeinschaftlich bewirtschaftet und finanziert wird:
- Die Profis bringen ihr Land, maschinelle Infrastruktur, ihr Wissen und ihre Arbeitskraft ein; dafür erhalten sie sichere Einnahmen und steigern ihren Bekanntheitsgrad, was insbesondere für Selbstvermarkter:innen von Interesse ist.
- Die Hobbygärtner:innen unterstützen die Profis mit der Vorfinanzierung der Flächen und bringen ebenfalls ihre Arbeitskraft ein. Dafür ernten sie mit verhältnismäßig geringem Arbeitseinsatz ihr eigenes, günstiges Biogemüse. Gerade für Anfänger:innen bietet sich so die Chance auf einen „sanften Einstieg“ ins Gärtnern: Die räumliche und zeitliche Dimension sind überschaubar, sie werden durch Profis unterstützt und lernen in der Gemeinschaft viele Gleichgesinnte kennen. Für einige ist es das Sprungbrett zum eigenen Garten. Viele schätzen jedoch den Service und die Gemeinschaft und bleiben dem Prinzip Gemeinschaftsgarten treu.
Was kommt auf euch zu?
Die Kosten für die Nutzung einer Parzelle betragen pro Saison (ca. April bis November) etwa 150 Euro, darin sind die Grundbepflanzung und die Bewässerung sowie die Mitnutzung der Gemeinschaftsflächen und der Geräte enthalten. Die Gemeinschaftsgärten leben vom Gemeinsinn, der Kreativität und dem Engagement aller Beteiligten. Die meisten Arbeiten, die im Laufe eines Gartenjahrs anfallen, werden von den Hobbygärtner:innen zusammen erbracht. Ein Gemeinschaftsgarten kann daher nur gut funktionieren, wenn sich alle in die Gemeinschaft einbringen, zum Beispiel bei
- dem Abholen von Pflanzen und Dünger,
- dem Bepflanzen und Jäten von Gemeinschaftsflächen,
- dem Mähen von Wegen,
- der Pflege des Komposts,
- der Restaurierung des Bauwagens bzw. dem Bauen von Unterständen,
- der Beschaffung und Pflege der Gartengeräte,
- der Organisation und Kommunikation untereinander,
- dem Wissensaustausch und der gegenseitigen Hilfe
- oder der Vorbereitung (und natürlich der Beteiligung an) gemeinschaftlichen Festen, Lagerfeuern und Treffen. Ein wohlwollendes und solidarisches Miteinander, ein vertrauensvoller und wertschätzender Umgang, direkte Kommunikation und manchmal auch etwas unkonventionelle, praktische und ressourcenschonende Lösungen sind uns sehr wichtig, denn wir sind überzeugt: eine andere Welt ist pflanzbar! Welche Gemeinschaftsgärten gibt es in Bamberg?
Aktuell sind insgesamt rund 350 Hobbygärtner:innen an den Gemeinschaftsgärten in Bamberg beteiligt. Einige Parzellen werden von Einzelpersonen genutzt, andere von Familien, Freunden, WGs oder Beetgemeinschaften, die sich im Projekt gefunden haben, und die sich untereinander selbst organisieren. Zurzeit gibt es sechs Gemeinschaftsgärten in Bamberg. Wo sie liegen, seht ihr hier auf der Karte. Im Folgenden werden sie von Nord nach Süd einzeln beschrieben.
Gemeinschatsgarten Nord
Der Gemeinschaftsgarten Nord wurde 2016 als erster Gemeinschaftsgarten in Bamberg ins Leben gerufen. Er befindet sich in der Nordflur, nördlich der Bahnbrücke Kronacher Straße inmitten der Felder unserer Bamberger Gärtnereien. Du kannst ihn schon von der Brücke aus an dem blauen Bauwagen erkennen. Er besteht aus 36 Parzellen und zwei großen Gemeinschaftsflächen, auf denen große Kulturen, wie zum Beispiel Mais und mehrjährige Beerensträucher stehen. Er ist der größte Gemeinschaftsgarten. Wir kooperieren mit der Gärtnerei Neubauer aus der Heiliggrabstraße (Gärtnerei Neubauer: http://www.gaertnerei-neubauer.bamberg.in/). Herr Neubauer hilft uns beim Umbrechen der Erde und dem Betreiben der Bewässerung. Unser Feld wird im nächsten oder übernächsten Jahr umziehen, da es der neuen Bahntrasse weichen muss. Allerdings ist noch nicht klar, wohin. Planung läuft.
Wir freuen uns, dass der SegaNord die Initialzündung für viele weitere, ähnliche Projekte in Bamberg war, und wir auf diese Weise einen Beitrag dazu leisten, die Tradition der Bamberger Gärtnerkultur zu erhalten und um neue Alternativen nachhaltigen und zukunftsfähigen gemeinsamen Wirtschaftens zu erweitern. Wir hoffen auf viele weitere gute Gartenjahre mit einer aktiven, solidarischen Gemeinschaft und einer üppigen Ernte.
Punk-Gemeinschaftsgarten
Der Punk-Gemeinschaftsgarten befindet sich ebenfalls in der Nordflur am Kammermeisterweg am hellgrün-blauen Bauwagen. Er besteht aus 12 Parzellen und einer kleinen Gemeinschaftsfläche. Als kleinster Gemeinschaftsgarten ist er vergleichsweise familiär.
Wir kooperieren mit dem Bamberger Gärtner Robert Bittel. Er hilft uns beim Umbrechen der Erde und beim Betreiben der Bewässerung.
Der Name Punk-Gemeinschaftsgarten leitet sich vom Punk-Samenfestival ab. Die Mitinitiatorin Petra Dotterweich vermehrt mit anderen in einem Teil des Feldes alte Gemüsesorten, vorwiegend Bohnen. Mischkultur und Experimente stehen auf ihrer Fahne.
Gärtnerstadt-Gemeinschaftsgarten
Der Gärtnerstadt-Gemeinschaftsgarten wurde 2020 aufgebaut und befindet sich in der Innenstadt in der Heiliggrabstraße. Es gibt 22 Parzellen (davon zwei Schulparzellen und eine Bildungsparzelle der Projektwerkstatt des Bund Naturschutz) und eine kleine Gemeinschaftsfläche. Er ist vor allem für Anwohner:innen gedacht. Du solltest also in einer der angrenzenden Straßen wohnen bzw. aus dem Gärtnerviertel sein. Der (leider nicht öffentliche) Zugang ist etwas versteckt über den Hof von SKF (Sozialdienst kath. Frauen) sowie einer Autowerkstatt. Der Welterbe-Garten liegt auch in der Innenstadt in der Nähe vom Gärtnerstadt-Gemeinschaftsgarten, in der Heiliggrabstraße. Hier gibt es keine Parzellen, sondern alle bearbeiten gemeinsam die ganze Fläche. Die Fläche ist ungefähr so groß wie beim Gärtnerstadt-Gemeinschaftsgarten, allerdings besteht er aus einer ziemlich kleinen Gruppe (Vorgabe vom Pächter). Hier solltest Du nur hingehen, wenn es Dir Spaß macht, sehr viel Freizeit einzubringen. Das ist der Sega für sehr Engagierte zum Experimentieren.
Pflanzwerk Gemeinschaftsgarten
Der Pflanzwerk Gemeinschaftsgarten entstand dieses Jahr neu, in Kooperation mit der Projektwerkstatt des Bund Naturschutz und der Solawi und ist so etwas wie ein Pop-Up-Garten auf der alten Fläche der Solawi und des SegaSüd an der Forchheimerstraße/Brosearena. Es gibt 30 Parzellen mit zentraler Bewässerung sowie unbewässerte Parzellen und weitere Flächen zur Nutzung auf Anfrage. Auch ein Pilotprojekt des Lehrstuhls für Grundschulpädagogik der Uni Bamberg sowie zwei Klassen der Montessorischule Bamberg sind im Gemeinschaftsgarten angesiedelt. Dieser Garten funktioniert etwas anders als die übrigen: Es gibt keinen gemeinsamen Pflanzplan bzw. Pflanzaktionen/Jungpflanzen. Anbauen kannst du was, wann und mit wem du willst, du hast also mehr Freiheit, eigene Dinge auszuprobieren. Die Parzelle kostet daher auch weniger, weil keine Pflanzen dabei sind. Es gibt eine Grundausstattung an Gartengeräten und eine Hütte mit Feuerstelle und viel Wiese und Platz außen rum.
Gemeinschaftsgarten Süd
Der Gemeinschaftsgarten Süd wurde 2019 gegründet und er befindet sich im Süden der Stadt unweit der Kleingartenanlage Sendelbach neben der Solidarischen Landwirtschaft Bamberg. Es gibt 20 Parzellen, einen Folientunnel sowie eine Gemeinschaftsfläche für Kulturen wie Kürbis und Kartoffeln, außerdem eine Feuerstelle, Matschküche sowie einige Obstbäume und -sträucher. Die Holzhütte wurde von den Gärtner:innen selbst gebaut, sie bietet Platz für Geräte und Werkzeuge sowie einen überdachten Freisitz mit Blick über den Main-Donau-Kanal auf die Altenburg. Die Bewässerung des Ackers übernehmen die Gärtner:innen der Solawi.
Der Gärtnerstadt-Gemeinschaftsgarten, der Pflanzwerk Gemeinschaftsgarten sowie der Gemeinschaftsgarten Süd wurden von der Projektwerkstatt des Bund Naturschutz aufgebaut und werden von ihr koordiniert. Die Projektwerkstatt organisiert auch verschiedene Angebote rund um das Thema urban gardening, nachhaltiger Konsum und regionale Ernährung/Landwirtschaft, zum Teil in Kooperation mit Gärtner:innen und anderen Gärten. Kontakt: projektwerkstatt-bamberg@bund-naturschutz.de.
Kontakt und weitergehende Informationen
Wenn Ihr Interesse habt, „Gemeinschaftsgärtner:innen“ zu werden, meldet Euch über unser Kontaktformular, um Euch auf die Warteliste setzen zu lassen.